Wir würdigen das Leben und Wirken von Franziska Fast, deren Engagement bei der Volkshilfe Wien bis heute als Vorbild für den Kampf um Gleichberechtigung dient.

 

Vor 100 Jahren, am 18. Mai 1925, wurde Franziska Fast geboren – eine Frau, die ihr Leben der sozialen Gerechtigkeit und Solidarität widmete. Ihre Wurzeln lagen in Ottakring, in einer klassischen Arbeiter*innen-Familie. Auf nur 25 Quadratmetern lebte sie mit ihren Eltern und drei Geschwistern – beengte Verhältnisse, die ihren Blick für soziale Not prägten. Die Weltwirtschaftskrise traf die Familie hart: Ihr Vater verlor seine Arbeit, als bekennender Sozialist im austrofaschistischen Ständestaat blieb eine neue Anstellung in weiter Ferne. Hunger war eine Konstante ihrer Kindheit – eine Erfahrung, die Franziska Fast nie vergessen sollte und die ihren unermüdlichen Einsatz für sozial Schwache zeitlebens prägte.

 

Nach Abschluss der Pflichtschule im Jahr 1939 wurde Franziska Fast in der NS-Zeit dienstverpflichtet – als Dienstmädchen. Nach dem Krieg schloss sie sich der wieder gegründeten Volkshilfe an – die sich aus der Societas neuformierte. Sozialer Zusammenhalt war für sie keine abstrakte Idee, sondern eine gelebte Notwendigkeit.

Die Betriebsrätin 1948 heiratete sie, doch das traditionelle Rollenbild entsprach ihr nicht: „Mir ist die Decke auf den Kopf gefallen“, sagte sie später. Sie suchte eine neue Herausforderung und begann als Hilfsarbeiterin in der Metallerbranche. 

Sie engagierte sich dort aktiv im Betriebsrat, setzte sich für bessere Arbeitsbedingungen ein und wurde schnell zu einer zentralen Stimme im Betrieb. 1956 gelang ihr ein entscheidender Erfolg: Sie brach die kommunistische Mehrheit im Betriebsrat und wurde als Sozialdemokratin zur Vorsitzenden gewählt. In einer Zeit, in der Frauen in Führungspositionen noch die Ausnahme waren, setzte sie ein starkes Zeichen. Und das in einer „Männerbranche“. 

Ihr Engagement blieb nicht unbemerkt: In der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie stieg sie rasch zur Gewerkschaftssekretärin der bedeutenden Teilgewerkschaft. 

1979 wurde Franziska Fast von Bruno Kreisky in die Regierung geholt. Als Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Verwaltung hatte sie die Möglichkeit, die strukturellen Probleme der Arbeitswelt von politischer Ebene aus anzugehen. 

Einer ihrer wichtigsten Schwerpunkte war der Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz. Sie machte klar, dass das Gleichbehandlungsgesetz, das gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit vorschrieb, nur auf dem Papier existierte, solange Frauen sich nicht trauten, ihre Rechte einzufordern.

Fast erkannte, dass die Benachteiligung von Frauen nicht erst im Job beginnt, sondern schon in der Schule. In der Hauptschule hatten Mädchen weniger Mathematikunterricht als Buben – mit dem Ergebnis, dass sie in technischen Berufen bei Aufnahmetests schlechter abschnitten. 

Auch die Situation der berufstätigen Mütter war ihr ein großes Anliegen. Sie forderte mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten, damit Frauen nicht länger zwischen Familie und Beruf wählen mussten. Zudem plädierte sie für eine gesetzliche Elternkarenz für Männer, um die Betreuungsarbeit gerechter zu verteilen – eine Idee, die ihrer Zeit weit voraus war. 

1983 wurde Franziska Fast als erste Frau zur Volksanwältin Österreichs gewählt – ein Amt, das sie sechs Jahre lang mit großer Entschlossenheit ausübte. Nach ihrem Ausscheiden aus der Volksanwaltschaft im Jahr 1989 war für Franziska Fast klar, dass ihr soziales Engagement nicht enden durfte. 

 

1991 übernahm sie die Präsidentschaft der Volkshilfe WienFast prägte die Volkshilfe Wien mit ihrem unermüdlichen Einsatz für soziale SicherheitArmutsbekämpfung und Chancengleichheit. Besonders alleinerziehende Mütter, ältere Menschen und von Obdachlosigkeit bedrohte Personen standen im Fokus ihrer Arbeit. Auf ihre Initiative hin entstanden neue Programme zur Unterstützung von armutsbetroffenen Familien, darunter Freizeiteinrichtungen und Reisedienste für Alleinerziehende und ihre Kinder. 

Ein besonderes Vermächtnis ist die Gründung der Fachstelle für Wohnungssicherung (FAWOS) im Jahr 1996. Diese Einrichtung wurde ins Leben gerufen, um Menschen zu helfen, die kurz davorstehen, ihre Wohnung zu verlieren. 

Für Franziska Fast war ihr Engagement in der Volkshilfe kein Ehrenamt, sondern eine Verpflichtung. Sie selbst sagte: „Ich hatte Glück in meinem Leben – also habe ich die Verpflichtung, auch anderen zu helfen.“ Diese Haltung zog sich bis zu ihrem Tod durch. Noch bis kurz vor ihrem Ableben im Jahr 2003 blieb sie Präsidentin der Volkshilfe Wien, setzte sich für die Schwächsten der Gesellschaft ein.